Es brodelt, es blubbert – und die Medien suchen sich gerne den Standpunkt aus, der ihnen gefällt.
Nehmen wir doch mal zum Beispiel die Talkshow am nächsten Sonntag mit Sabine Christiansen: Da talken dann Susanne Fröhlich (Journalistin, 44 Jahre), Ralf Möller (Schauspieler, 47 Jahre), Harald Döring (Förderverein des Erfurter Gutenberg Gymnasiums), Willi Lemke (Bildungssenator Bremen, 60 Jahre) und Udo Nagel (Innensenator Hamburg, 55 Jahre) über „Randale, prügeln, ballern – was tun gegen Gewalt?“.
Und es würde mich ganz ehrlich wundern, wenn auch nur einer von denen Erfahrung mit Computerspielen hat. Macht aber nichts, sie sollen ja nur darüber reden. Darüber urteilen. Dem Pöbel eine Meinung vermitteln, die dieser dann zu seiner Meinung macht.
Wäre es da nicht sinnvoll, vielleicht mal Leute zu fragen, die auch etwas dazu sagen können?
Der WDR hat es in der Sendung hartaberfair versucht. Moderiert wurde das ganze von Frank Plasberg (49 Jahre), und der sprach mit Joe Bausch (Mediziner und Schauspieler, 53 Jahre), Heiner Sievert (Realschullehrer), Barbara Sommer (Schulministerin NRW, 58 Jahre), Michael Heilemann (Psychotherapeuth, 53 Jahre) und Christian Pfeiffer (Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, 62 Jahre).
Und was muss ich da hören? Als Frank Plasberg etwa 6:30 Minuten nach Sendungsbeginn wieder auf die Spiele zurücklenken möchte: „Bleiben wir erst mal bei diesen Killerspielen – haben Sie gesagt. Manche sagen Strategiespiele, manche sagen Ballerspiele…“ Auf die Frage, wie sie zu diesen Spielen sagen würde antwortet Barbara Sommer: „Also ich muss gestehen, daß ich mich jetzt erst kundig gemacht habe, was Counterstrike ist und was diese Ballerspiele sind.“
Das fiel unter anderem auch den Leuten bei Spiegel.de auf. Eine sehr lesenswerte Zusammenfassung der Diskussionsrunde.
Ich will nicht behaupten, daß nur sinnlose Aussagen gemacht wurden. Es ist nur sehr einseitig betrachtet. Gehören zu einer Diskussionsrunde nicht auch Leute, die wissen, worüber sie reden?
Noch ein paar Quergelesene Artikel:
- Gutachten zur Rechtmäßigkeit eines „Killerspiel“-Verbotes
In einem Dokument des Deutschen Bundestages wurden nun die Möglichkeiten des Gesetzgebers für ein Killerspiel-Verbot evaluiert. Das vollständige Gutachten mit dem wohlklingenden Titel „Rechtmäßigkeit einer bundesgesetzlichen Verbotsregelung für die Einfuhr, den Verkauf und die Vermietung von gewaltverherrlichenden Computerspielen (‚Killerspiele‘)“ kommt zu dem Ergebnis, dass die grundsätzliche wie grundgesetzliche Möglichkeit durchaus besteht. - Killerspiele? Keine Gefahr für die innere Sicherheit
Bayerns Innenminister Günther Beckstein sieht in den als jugendgefährdend eingestuften Computerspielen sogar die innere Sicherheit Deutschlands gefährdet – gegenüber Golem.de widersprach jedoch ein Sprecher des Bundesinnenministeriums dieser Theorie. - Interview mit Josef Kraus
Der Präsident des deutschen Lehrerverbandes spricht sich für ein Verbot so genannter „Killerspiele“ aus. Er erklärt sogar, diese seien rechtlich mit Waffen gleichzusetzen. Im Gespräch mit GameStar erläutert er seinen Standpunkt. - Stellungnahme des dt. Kinderhilfswerks
Auch das deutsche Kinderhilfswerk hat sich jetzt in der Debatte um das Verbot gewaltverherrlichender Spiele zu Wort gemeldet. Der gemeinnützige Verein fordert in einer Stellungnahme langfristige und nachhaltige Ursachenbekämpfung statt schnelle Scheinlösung durch Verbot von so genannten »Killerspielen«. - Emsdetten: Entwickler, Vertriebe und Spieler wehren sich
In der Debatte um ein Verbot der so genannten „Killerspiele“ nach dem Amoklauf von Emsdetten haben sich nun die Verbände der Spiele-Entwickler, die Vertriebsfirmen und die Spieler zu Wort gemeldet. Die drei Verbände sind sich sicher: Die bestehenden Vorschriften reichen aus, das Thema wird von der Politik instrumentalisiert, um von sozialen Missständen abzulenken. Auch das Deutsche Kinderhilfswerk meint, ein Verbot von Killerspielen gehe an einer Lösung des Problems vorbei. - Zeit-Thema „Killerspiele“
- Rohrkrepierer gegen Ballerspiele
Der Amoklauf von Emsdetten war kaum beendet, da war für viele Politiker bereits klar: Killerspiele haben Sebastian B. zur Gewalt verführt. Sie müssten jetzt endlich verboten werden. Eine Forderung, die so hilf- wie wirkungslos ist. Experten sind sich einig: Kein Spiel macht ein Kind zum Mörder. - Polizisten spielen Counter-Strike
Guido Schroeder, selbst in Emsdetten als Polizist zuständig, berichtet von seiner Counter-Strike-Erfahrung und von seinem Clan „n!faculty“. Davon, wie wichtig soziale Interaktion und Kommunikation sei und wie selten das Bild des einsamen Counter-Strike-Wolfes zutrifft. - »Angst, zu sein wie Sebastian B.«
GameStar spricht mit einem Internet-Bekannten von Sebastian B. darüber, was in jungen, computerspielenden Männern heutzutage vorgeht. - Interview mit Volker Beck
Wir sprachen mit Volker Beck über Alternativen zum »Killerspiel«-Verbot. Herr Beck ist Abgeordneter im Bundestag und Erster Geschäftsführer sowie menschenrechtspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. - Experten bezweifeln Sinn eines Verbotes von „Killergames“
Während manch ein Politiker ein sofortiges Verbot fordert, sehen Experten wenig Sinn in einer rein gesetzlichen Annäherung an das Problem. „Es ist durchaus nötig derlei aggressive Spiele von bestimmten Altersgruppen fernzuhalten und den Jugendschutz zu wahren. Ein alleiniges, generelles Verbot von Killerspielen bringt allerdings nichts.“ - Flucht aus der Realität
Der Amokläufer von Emsdetten verbrachte Tag und Nacht vorm PC. Kein Einzelfall: Immer häufiger flüchten Menschen mit psychischen Problemen in virtuelle Welten, um die Realität zu vergessen – Experten sprechen von Internetsucht. - Statt „Killerspiele“-Verbot: Datei für jugendliche Gewalttäter gefordert
Im aufgeregten Streit um Möglichkeiten zur Verhinderung weiterer Amokläufe junger Menschen nach der Bluttat in Emsdetten hat der Hamburger Innensenator Udo Nagel die Einrichtung einer Datenbank für gewalttätige Heranwachsende vorgeschlagen. - Politiker und Forscher gegen pauschale Computerspiele-Kritik
Nach dem Amoklauf von Emsdetten vielerorts auf der Suche nach einfachen Antworten sind besonders Computerspiele zum zentralen Gegenstand der Kritik geworden. Am gestrigen Mittwochabend haben sich dagegen Vertreter von Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in Berlin getroffen und vorgeführt, wie man sich auch angesichts weithin aufgepeitschter Stimmungen um eine nüchterne und differenzierte Sicht des Mediums Computerspiel bemühen kann. (siehe auch PC Games) - Olli ha(a)kt nach – „Killerspiele“ – meine Meinung
Meiner Meinung nach ist das eine Milchmädchenrechnung. Amokläufer, Serienkiller und Massenmörder hat es zu allen Zeiten der Menschheit gegeben, lange vor dem PC- und Fernsehzeitalter. […] ich spiele seit 19 Jahren am Rechner und habe fast alle wichtigen Actiontitel von Commando (C64) bis Battlefield 2142 gezockt, zwischenzeitlich Sozialarbeit studiert und teste nun beruflich PC-Spiele – und bin kein Mörder.